Yvetot - la ville de cœur       

Eins der schönsten Erfolgserlebnisse beim Französischlernen ist es, sich mit Französinnen und Franzosen zu unterhalten und so zu erleben, dass sich das viele Vokabeln Büffeln und Grammatik Pauken lohnt! Es war deshalb schon lange der Wunsch der LGW-Französischlehrerinnen, unseren Schülerinnen und Schülern diese Erfahrung durch einen Schüleraustausch bieten zu können. Im letzten Schuljahr konnten wir endlich einen Testlauf mit einer Schule in der Normandie machen, und dieser erste Austausch war so erfolgreich, dass beide Seiten sofort Nägel mit Köpfen machen wollten: In diesem Schuljahr wurden die Deutschlernende von der Schulleiterin des Lycée Jean XXIII, Madame Christine Lucas Maze, nach Winnenden begleitet, die mit Jörg Steinl einen Partnerschaftsvertrag unterzeichnete. (Ob sie sich so gut verstanden, weil sie beide die Universalsprache Mathematik unterrichten? Unterhalten haben sie sich jedenfalls auf Deutsch, Französisch und Englisch.) Im Austausch mit den französischen Kolleginnen kam dabei auch immer wieder zur Sprache, wie wichtig es weiterhin ist, Kontakte zu anderen europäischen Ländern zu knüpfen und die Menschen dort persönlich kennenzulernen, gerade in Hinblick auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre.

Nach dem zweiten erfolgreichen Austauschbesuch ist es vielleicht ein wenig vermessen, aber wir streben einen mindestens so lange währenden Austausch wie den mit Dänemark an!

 

Wenn einer eine Reise tut...

Im Mittelpunkt der Austauschfahrten stehen die Begegnungen mit den französischen Jugendlichen. Alle Schülerinnen und Schüler verbringen die Woche in französischen (bzw. beim Gegenbesuch in deutschen) Familien, die sie vom Zug abholen und das Wochenende gemeinsam gestalten. Wie sieht so ein französisches Wochenende aus? Für viele geht's zum Wocheneinkauf auf den Markt, zu einem Familienfest oder zum Sport, andere Familien zeigen ihren Gästen die Region, fahren ans Meer, nach Paris oder sogar Versailles. Unter der Woche erleben wir Unterricht am Lycée, essen in der Schulkantine, aber auf dem Programm steht auch ein Sportturnier oder Bowling. Zu den besonderen Ausflügen in Frankreich zählt die Fahrt ans Meer und zu den berühmten Kreidefelsen. Die französischen Jugendlichen zieht es dagegen ins Mercedes-Benz-Museum. Kulinarisch hat auch jedes Land etwas Besonderes zu bieten: In der Normandie durften wir den Bauernhof "5 Frères" und deren Camembert-Produktion besuchen (und auch ein paar Produkte kosten), in Deutschland ging es mit der ganzen Gruppe zum Schokoladen-Workshop zu Ritter Sport und zu einem typisch schwäbischen Mittagessen. Ein besonderes Erlebnis in Stuttgart war der Opernbesuch - für viele Jugendliche das erste Mal. Die französischen Gäste hatten extra ein bisschen Platz im Koffer für die entsprechende Garderobe reserviert, und dank Frau Demmlers Fundus konnten einige sogar in barocken Outfits zu "La Fest" - dazu hatte die Oper Stuttgart aufgerufen, und unsere Gruppe war für das Publikum ein Hingucker.

 

FAST alle Mitfahrenden kamen unversehrt wieder nach Hause - das eine oder andere Tränchen gab es aber trotzdem. Das ist aber auch die beste Bezahlung für uns Französischlehrerinnen!

 

 

 

Ein paar Hintergrundinfos:

Yvetot ist ein kleines Städtchen in der nordfranzösischen Normandie. Das Stadtmotto lautet "la ville de cœur" - Stadt des Herzens oder Stadt mit Herz. Die Region ist ländlich geprägt und bekannt für ihre Käse, z.B. Camembert oder den herzförmigen Neufchâtel, und Obsterzeugnisse wie z.B. Cidre. Es ist nicht weit nach Paris oder ans Meer. Auch kulturell gibt es einiges zu bieten: Von impressionistischer Malerei über Kathedralen zu geschichtlichen Ereignissen wie der Herrschaft der Wikinger (der Nordmannen, die der Region ihren Namen gaben), Stationen aus dem Leben  (und dem Tod) von Jeanne d'Arc, bis zu den Spuren des 2. Weltkriegs.

 

Das Lycée Jean XXIII ist eine katholische Privatschule, an der man das Baccalauréat, das französische Abitur absolvieren kann. Da in Frankreich die gemeinsame Schulzeit länger dauert als in Deutschland, und da alle Schülerinnen und Schüler bis zur 9. Klasse ein Collège besuchen, gibt es an Lycées nur die Oberstufe. Auch ansonsten gibt es einige Unterschied: So ist die größte Konkurrenz für die Fremdsprache Deutsch an unserer Partnerschule das Fach Chinesisch!